Per fumum

Blog Räuchern

Das Wort Parfum leitet sich vom lateinischen per fumum ab, was sich mit 'durch Rauch' übersetzen lässt. Der Begriff entstand beim Räuchern von Kräutern und Harzen, wobei deren wunderbare Düfte durch Rauch verbreitet wurden. Aufgrund von Funden in ehemaligen Steinzeitsiedlungen wissen wir, dass schon unsere frühesten Vorfahren den aromatischen Rauch verglühender Pflanzenteile über dem Lagerfeuer zu spirituellen aber auch gesundheitlichen Zwecken nutzten. Während anfangs nur heimische Pflanzenteile verräuchert wurden, setzte mit den ersten Handelsrouten auch ein reger Austausch an Räuchergütern ein. Teilweise wurden für edles Räucherwerk, v.a. exotische Harze, ganze Reichtümer eingetauscht. Zum Beginn unserer Zeitrechnung zählten Weihrauch und Myrrhe, 2 Räucherharze, zu den kostbarsten Dingen überhaupt!

Auch heute noch, wird auf allen Kontinenten der Erde aus gesundheitlichen oder spirituellen Gründen geräuchert.

Dabei wird einer unserer wichtigsten Sinne angeregt: der Geruchssinn. Wenn wir den Duft von Weihrauch oder feinem Lavendel riechen, dauert es nur kurz, bis die im Blütenduft enthaltenen Informationen unser Gehirn erreichen und unmittelbar danach eine Emotion auslösen. Das Riechen beginnt also in der Nase (oder im Rachenraum, wenn wir essen) und endet im Gehirn. Zu Beginn nimmt unsere Riechschleimhaut, im oberen Teil der Nasenhöhle, die Duftmoleküle in Empfang. Dort befinden sich Millionen von Riechzellen. Im sogenannten Riechkolben werden dann die vielschichtigen Duftinformationen an verschiedene Gehirnareale weitergeleitet und kommen anschließend im limbischen System an, unserem 'emotionalen' Gehirn. Dort werden Triebe gelenkt und Emotionen und Erinnerungen geweckt. Vergangene Erlebnisse können wieder blitzschnell auftauchen, wenn wir einen mit diesem Ereignis verbundenen Geruch wahrnehmen.

Düfte können also unser Wohlbefinden maßgeblich beeinflussen und das können wir uns mittels der Räucherung von duftenden Kräutern und Harzen zu Nutze machen. Verräuchern lassen sich Pflanzenteile, wie Harze, Hölzer, Rinden, Kräuter, Blüten, Blätter, Nadeln, Samen und Wurzeln.

MEINE LIEBSTEN RÄUCHERPFLANZEN

  • BEIFUß [Artemisia vulgaris] wirkt schützend und bestärkend. Pflanzenteile: Blätter, Triebspitzen, Wurzeln.

  • JOHANNISKRAUT [Hypericum perforatum] steht für die Kraft der Sonne und ist für seine stimmungsaufhellende Wirkung bekannt. Pflanzenteile: blühendes Kraut.
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  • ROSE [Rosa damascena] gilt als die Königin der Blumen. Ihr lieblicher Duft hüllt uns ein, wie eine liebevolle Umarmung. Pflanzenteile: Blütenblätter.
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  • SALBEI [Salvia officinalis] hilft uns Altes los- und Neues zuzulassen. Für mehr Klarheit und Harmonie. Pflanzenteile: Blätter.
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  • SCHAFGARBE [Achillea millefolium] soll helfen neue Kräfte zu mobilisieren und Stress abzubauen sowie unsere Intuition zu stärken. Pflanzenteile: Blüten.
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  • WACHOLDER [Juniperus communis] reinigt, schützt und stärkt die Konzentration. Pflanzenteile: Triepspitzen, Beeren, Holz und Harz.
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  • FICHTENHARZ [Picea abies] reinigend, klärt die Atmosphäre, fördert die Konzentration und ist eine Wohltat für die Atemwege. Pflanzenteile: v.a. Harz und Nadeln.
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  • ENGELWURZ [Angelica archangelica]: harmonisiert, stimmungsaufhellend und das Selbstbewusstsein stärkend. Pflanzenteile: v.a. die Wurzel.
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  • LAVENDEL [Lavandula angustifolia]: entschleunigt, löst nervöse Anspannungen und fördert einen ruhigen Schlaf. Pflanzenteile: Blüten und ganzes Kraut.
 

Es gibt noch viele weitere tolle Räucherkräuter und –harze, heimische und exotische. Man kann diese zum Großteil selbst sammeln, unter der Voraussetzung, dass man diese auch sicher bestimmen kann und Sammelregeln zum Schutz der Natur einhält. Eine große Auswahl an räucherbaren Kräutern und Harzen gibt es auch im gut sortierten Reform- bzw. Kräuterhandel oder in Apotheken zu erstehen. Zu Räuchermischungen wunderbar beimischen lassen sich auch die Schalen von BIO-Zitrusfrüchten, wie Orange, Mandarine, Grapefruit oder Zitrone.

   

Aber wie funktioniert “das Verräuchern” nun eigentlich? Hierbei gibt es mehrere Varianten:

RÄUCHERN MIT KOHLE

Material: feuerfeste Schale, Sand, Räucherkohle, feuerfeste Zange, Streichhölzer, Kerze, Räucherware

Räuchern mit Kohle stellt eine der traditionellsten Formen des Räucherns dar. Man füllt zuallererst Sand in eine Schale. Danach entzündet man die Kohle mit der Zange über einer Feuerquelle (z.B. Kerze). Wenn die Kohle ganz durchgeglüht ist, legt man sie auf den Sand und wartet noch bis sich ein weißer Aschefilm auf der Oberseite bildet. Danach streut man noch etwas Sand auf die Kohle oder alternativ Harz als unterste Schicht und erst dann verteilt man die zerkleinerten Räucherkräuter darauf. Dadurch verglühen die Kräuter langsamer und schonender, ohne gleich zu verglühen.

 

RÄUCHERN MIT DEM STÖVCHEN

Material: Räucherstövchen mit passendem Gitter, Streichhölzer, Teelicht, Räucherware

Ein Räucherstövchen ist die modernste Form des Räucherns. Es lässt sich problemlos in den Alltag integrieren, da hier die Rauchentwicklung durch das Fehlen der Kohle viel geringer ist. Man entzündet das Teelicht im Stövchen und verteilt am Gitter die Räucherware, am besten Kräuter. Je mehr Räuchergut und je näher in die Mitte man dieses platziert, desto intensiver wird die Räucherung und umgekehrt. Ist das Räuchergut verglüht, kann man es mit einer speziellen kleinen Drahtbürste abbürsten. Räuchert man Harze mit dem Stövchen, dann legt man auf das Drahtgitter noch ein spezielles Metallplätchen (aus dem Handel) darauf oder eine leere Teelichtfassung. In diese wird dann das Harz gelegt. Würde man das Harz auf das Gitter legen, würde dieses rasch verkleben und eine mühsame Reinigung nach sich ziehen.

   

RÄUCHERN MIT KRÄUTERBÜNDELN

Material: getrocknete Räucherkräuter im Ganzen, Schnur aus reinen Naturrohstoffen

Man schneidet komplett durchgetrocknete Kräuterbüschel (z.B. von Johanniskraut, Salbei, Beifuß, Lavendel) auf eine Länge von 20-30cm zu. Danach legt man die unterschiedlichen Kräuter auf gleicher Höhe nebeneinander oder durchgemischt auf. In die Mitte könnte man den vertrockneten und festen Stängel einer Großblütigen Königskerze geben, um dem Bündel bessere Stabilität zu verleihen. Danach bindet man die Kräuter mit dem Naturfaden fest zusammen. Am besten man schnürt die Kräuter mit 2 Fäden über Kreuz zusammen. Die Räucherbündel werden verräuchert, indem man die Spitze anzündet. Man lässt dabei die Flamme kurz auflodern und bläst sie dann vorsichtig wieder aus. Danach sollte das Bündel langsam vor sich hin glimmen. Man kann das Räucherbündel gänzlich verräuchern oder nach einiger Zeit wieder löschen und zu einem späteren Zeitpunkt erneut entzünden.

   

RÄUCHERKUGELN

In Ägypten bildet Räuchern ebenfalls eine Jahrtausende alte Tradition. Dort verbreitet ist das Räuchern in Form von vorgefertigten Räucherkugeln, die Kyphi genannt werden.

Material: 2 EL gestrichene getrocknete Harze (z.B. von der Fichte oder Kiefer), 4 TL Kräuter (z.B. Rosenblüten, Ringelblumenblüten, Lavendelblüten, Beifuß), 1 TL Gummi-Arabicum (z.B. von kosmetikmacherei.at), 2-3 TL kaltes Wasser, Räucherkohle und –schale oder Räucherstövchen mit Teelicht.

Alle trockenen Zutaten werden in einem Mörser fein zerrieben. Nun nach und nach Wasser hinzugeben, bis sich aus der Masse Kugeln formen lassen. Am Schluss kann man noch separat Rosen- und Ringelblumenblüten (oder andere bunte Blütenblätter) mörsern und die fertigen Kugeln darin wälzen. Damit bekommen sie eine schöne bunte Außenschicht. Die Räucherkugeln müssen danach komplett austrocknen, bevor sie verräuchert werden können.

   

DIE MAGIE DER RAUNÄCHTE

Ich räuchere das ganze Jahr über. Vor allem mit der sanften Variante des Räucherns mittels Stövchen lässt sich dieses schöne erdende Ritual gut in den modernen Alltag integrieren. Viele denken jedoch beim Thema Räuchern sofort an die Raunächte (auch Rauchnächte oder Rauhnächte), die dunklen Wintertage rund um den Jahreswechsel.

Die zwolff naecht zwischen Weihenacht und Heyligen drey Künig tag ist kein hauß das nit all tag weiroch rauch in yr herberg mache /
für alle teüfel gespenst vnd zauberey. 

Sebastian Franck 1534

Die Raunächte schließen die Lücke zwischen dem Mond- und Sonnenkalendar. Ein Mondzyklus - von Neumond zu Neumond - erstreckt sich über 29,5 Tage, während wir im Sonnenkalender 30 bis 31 Tage im Monat messen. Das kalendarische Sonnenjahr hat 365 Tage und ein Mondjahr 354 Tage. Die Differenz sind 11 Tage und 12 Nächte. Eine mystische Zeit zwischen den Jahren, eine Niemandszeit, in der die Menschen früher glaubten, dass die Tür zur Anderswelt offenstand. In manchen Traditionen beginnen die Raunächte bereits am 21. Dezember, der Wintersonnenwende, dem kürzesten Tag und der längsten Nacht des Jahres. Andere beginnen die Raunächte mit dem 24. Dezember. Besonders wichtige Raunächte, sind die Nächte vom 21., 24. Und 31. Dezember, sowie vom 5. auf den 6. Jänner. Ab da treten wir in eine neue Zeit.

Die Wortherkunft der Raunächte ist nicht sicher, aber sie könnte sich vom traditionellen Beräuchern der Häuser und Ställe in dieser Zeit – zum Schutz vor bösen Geistern oder Dämonen - ableiten. Das Räuchern ist jedenfalls ein uraltes Brauchtum in diesen Tagen und Nächten rund um den Jahreswechsel. Deshalb gibt es in den Raunächten viele althergebrachte Traditionen, die einen durch diese mystische Zeit begleiten können:

 

RAUNACHTSORAKEL FÜR DAS NEUE JAHR | Jede der 12 Raunächte steht mit einem der 12 Monate des folgenden Jahres in Verbindung. Die erste Raunacht steht für den Jänner, die zweite für den Februar, usw. Was man in diesen Nächten erlebt oder träumt, kann Hinweise geben, auf das, was im nächsten Jahr in diesem Monat geschehen wird. Spannend ist es, in dieser Zeit einmal bewusst ein Traumtagebuch zu führen.

WÜNSCHE VERRÄUCHERN | Verbreitet ist auch der Brauch zu Beginn der Raunächte 13 Wünsche auf kleine Zettel zu schreiben. In jeder Raunacht wird im Zuge der Räucherung eines dieser Zettelchen verbrannt. Diese sollen in Rauch auf- und damit in Erfüllung gehen. Den letzten verbliebenen 13. Wunsch, muss man sich mit eigener Kraft selbst erfüllen. Alternativ kann man auch auf Zettel schreiben, welche Altlasten und was Überflüssiges man hinter sich lassen möchte. Diese Zettel werden dann ebenfalls mit den Räucherungen mitverbrannt.

RÜCKSCHAU HALTEN | Die Raunächte und der Jahreswechsel eignen sich jedenfalls gut, um sich die Zeit zu nehmen und Rückschau auf das vergangene Jahr zu nehmen und nach vorne, ins neue Jahr zu blicken: was lasse ich zurück und was nehme ich mit?


Jede:r kann das uralte Ritual für sich neu interpretieren. Räuchern ist das ganze Jahr über eine Wohltat für alle Sinne und eine wunderbare Möglichkeit einfach einmal für einen Moment innezuhalten!

 

Wenn ihr euch noch weiter in die Welt der Düfte und im Speziellen des Räucherns vertiefen wollt, dann kann ich euch das Buch “Heilsames Räuchern mit Wildpflanzen” von Adolfine Nitschke sowie das Buch “Parfum: Alles über die Welt der Düfte” von Collectif Nez und Jeanne Doré empfehlen.

 

Lust auf noch mehr Pflanzenwissen bekommen? Dann freue ich mich, wenn wir uns bei einem meiner nächsten Spaziergänge oder Workshops sehen.


HINWEIS: Alle Hinweise auf Heilwirkungen und Gebrauch von Wildkräutern haben ausschließlich informativen Charakter und geben manchmal wissenschaftlich belegte, aber gelegentlich auch überlieferte (noch) nicht wissenschaftlich bestätigte Anwendungen gemäß traditioneller Volksheilkunde wieder. Ich übernehme keine Garantie und Haftung für genannte und gelernte Anwendungsmöglichkeiten. Ich empfehle hinsichtlich einer eigenen innerlichen oder äußerlichen Anwendung von Wildkräutern und anderen genannten Rohstoffen ausdrücklich die Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt oder einer Apothekerin oder einem Apotheker.

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