Waldbaden

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Durch einen Wald spazieren, ohne an die Rückkehr zu denken.

Gesunder Menschenverstand und unsere Intuition sprechen eine klare Sprache. Vor allem, wenn es um unsere Verbindung zur Natur und hier im Speziellen zum Wald geht. Ein Spaziergang im Wald tut mir gut. Der Biologe Edward O. Wilson war einer der ersten, der über diese angeborene Neigung des Menschen zur Natur schrieb. Er beschrieb dies als Biophilie-Effekt. Ausgehend von diesem menschlichen Grundbedürfnis, führte Japan bereits 1982 ein staatliches Gesundheitsprogramm für Waldbaden ein.

Shinrin Yoku (= im Wald baden) bedeutet, mit allen Sinnen in den Wald einzutauchen. Dr. Qing Li gilt als Begründer dieser Disziplin. Seither haben er und auch andere Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen dem Wald und menschlicher Gesundheit intensiv erforscht.

Viele beeindruckende wissenschaftliche Ergebnisse liegen bereits vor. Der Wald stärkt Körper und Geist, ist wohl die beste und umfassendste Zusammenfassung der Resultate. Und damit könnte ich auch schon aufhören zu schreiben. Aber es lohnt sich doch einzelne Erkenntnisse aufzulisten, weil es wirklich unglaublich ist, wie positiv sich Wald-Zeit auf unsere physische und psychische Gesundheit auswirkt. Ein Bad im Wald kann den Blutdruck senken, Stress reduzieren (die Stresshormone Cortisol und Adrenalin werden nachweislich gesenkt), die Gesundheit des Herz- und Kreislauf- und Stoffwechselsystems fördern, besseren Schlaf begünstigen, die Stimmung verbessern und Depressionen lindern, den Blutzuckerspiegel senken, die Konzentration und die Gedächtnisfähigkeit verbessern, Schmerzschwellen erhöhen, die Produktion von körpereigenen Anti-Krebs-Proteinen fördern und durch die erwiesene Zunahme natürlicher Killerzellen das Immunsystem stärken. Bereits ein einziger Waldbade-Ausflug im Monat genügt, um die Aktivität der menschlichen Killerzellen für längere Zeit auf einem höheren Niveau zu halten.

Für diese vielen positiven Wirkungen sind unter anderem Phytonzide verantwortlich. Phytonzide sind ätherische Öle, die Pflanzen absondern, um Krankheitserreger und Schädlinge abzuwehren. Immergrüne Bäume wie Kiefern, Fichten, Tannen, Zedern u.a. produzieren besonders viel dieser Wirkstoffkomplexe. Die Hauptbestandteile der ätherischen Baumöle sind die Terpene. Diese sorgen für den typischen Duft, den wir wahrnehmen, wenn wir uns im Wald bewegen. Die wichtigsten Terpene sind: D-Limonen (riecht nach Zitrone), Alpha-Pinen (frischer, harziger Duft), Beta-Pinen (duftet krautig) und Camphen (riecht terpentinartig). Im Juli und August nehmen wir die Terpene besonders intensiv wahr. Im Sommer im Wald spazieren gehen und das Gefühl haben in einer einzig großen mediterranen Duftlampe zu wandeln. Das hat bestimmt jede:r von uns schon erlebt. Clemens G. Arvay hat sogar spezielle Atemübungen entwickelt, durch die man noch mehr an gesundheitsfördernden Terpenen aufnehmen kann. Waldluft ist in jedem Fall - mit oder ohne spezielle Atemtechnik - ein Gesundheitselixier zum Einatmen.

Aber es ist nicht allein der Waldduft, der diese positiven Wirkungen auf uns Menschen hat. Roger S. Ulrich hat bereits 1984 herausgefunden, wie heilsam schon allein der Blick auf grüne Naturflächen sein kann. In der Fachzeitschrift Science publizierte Ulrich die Beobachtungen, dass der Ausblick, den Patient:innen aus dem Krankenhausfenster hatten, wesentliche Auswirkungen auf den Verlauf ihrer Genesung hatten. So hatten chirurgische Patient:innen, die in Zimmern mit Fenstern untergebracht waren, die auf eine natürliche Umgebung blickten, einen kürzeren post-operativen Krankenhausaufenthalt und kamen mit weniger starken Schmerzmitteln aus, als eine Vergleichsgruppe, die in Krankenhauszimmern mit Fenstern lag, die auf eine Backsteinmauer blickten.

In Japan gibt es bereits mehrere Dutzende spezialisierte Waldtherapiezentren. Auch ich kenne welche hier in Österreich: den Wald am Knappenberg am Fuße der Rax, den Wiener Wald, den grünen Wiener Prater oder den Wiener Stadtpark. Jeder Wald und selbst schon allein ein Park mit Bäumen, Sträuchern und Kräutern ist ein Therapiezentrum, das uns allen - egal ob in der Stadt oder am Land - zur Verfügung steht. Man muss nichts dafür bezahlen, man braucht keinen Termin, man muss nur hingehen … und am besten, ohne dabei an eine Rückkehr zu denken.

Wenn ihr euch mehr in dieses Thema vertiefen wollt, dann kann ich euch folgende Literatur empfehlen. Das Buch des Vaters des Waldbade-Trends Dr. Qing Li "Die wertvolle Medizin des Waldes", sowie das Buch “Der Biophilia-Effekt – Heilung aus dem Wald" von Clemens G. Arvay. Den erwähnten Science-Artikel von Roger S. Ulrich findet ihr HIER.

Lust auf noch mehr Pflanzen- und Naturwissen? Dann freue ich mich, wenn wir uns bei einem meiner nächsten Kräuterspaziergänge sehen. Aktuelle Termine gibt es HIER.


HINWEIS: Alle Hinweise auf Heilwirkungen und Gebrauch von Wildkräutern haben ausschließlich informativen Charakter und geben manchmal wissenschaftlich belegte, aber gelegentlich auch überlieferte (noch) nicht wissenschaftlich bestätigte Anwendungen gemäß traditioneller Volksheilkunde wieder. Ich übernehme keine Garantie und Haftung für genannte und gelernte Anwendungsmöglichkeiten. Ich empfehle hinsichtlich einer eigenen innerlichen oder äußerlichen Anwendung von Wildkräutern und anderen genannten Rohstoffen ausdrücklich die Rücksprache mit einer Ärztin oder einem Arzt oder einer Apothekerin oder einem Apotheker.

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