Pflanzen, die vom Menschen in ein Gebiet eingebracht wurden, in dem sie nicht heimisch sind und die sie aus eigener Kraft nicht erreichen könnten, nennt man Neophyten (griech. neos = neu; phyton = Pflanze). Manche Pflanzen reisen unbemerkt in neue Gegenden, ob in Reifenprofilen oder auf Schuhsohlen oder versteckt in transkontinentalen Lieferungen. Andere Neophyten hingegen wurden absichtlich eingeführt, zum Beispiel, weil sie schön aussehen.
Als Neophyten bezeichnet man Pflanzen, die nach 1492, also nach Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus, nach Europa gelangt sind, denn damit hat der transkontinentale Warenverkehr begonnen. Davor konnten Pflanzen solch weite Strecken nur innerhalb sehr langer Zeiträume überwinden. Die Arten und die Umwelt hatten damit auch ausreichend Zeit sich aneinander anzupassen. Aufgrund der Geschwindigkeit, mit der wir Menschen nun Pflanzenarten in nicht heimische Lebensräume einführen, kann es zu schädlichen Ungleichgewichten kommen. Dominante Bestände können einheimische Pflanzen verdrängen. Daraus folgt oft auch ein Bedrohungspotenzial für Tierarten, die genau auf die vertriebenen einheimischen Pflanzenarten angewiesen sind.
Neophyten werden als invasiv bezeichnet, wenn sie sich sehr rasch und flächendeckend ausbreiten und dadurch einheimische Arten verdrängen oder zu wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Problemen führen. Die Ausbreitung invasiver Neophyten mit seinen Zweitrundeneffekten, kann somit den Artenwandel in der Pflanzen- aber auch Tierwelt erheblich verändern und beschleunigen.
Auf einer EU-Liste invasiver Tier- und Pflanzenarten, die in der Europäischen Union derzeit vorkommen, werden insgesamt 66 Arten angeführt. Davon kommen in Österreich 13 invasive neue Pflanzenarten vor. In Österreich werden aber auch noch andere Pflanzen als invasiv erachtet, die sich nicht auf der EU-Liste befinden.
Bekannte invasive Neophyten in Österreich sind z.B. die Kanadische Goldrute (Solidago canadensis), das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera; siehe Foto), der Götterbaum (Ailanthus altissima), der Japanische Staudenknöterich (Fallopia japonica), der Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) oder das Beifußblättrige Traubenkraut (Ambrosia artemisifolia; besser bekannt als Ragweed).
Naturforscher meinen, dass die Ausbreitung invasiver Neophyten und anderer Neobiota (z.B. invasive Tierarten), neben der Lebensraumzerstörung, der Umweltverschmutzung und dem Klimawandel einer der Hauptgründe für den Verlust von Biodiversität ist. Laut Living Planet Report 2020 des WWF sind invasive Arten und eingeschleppte Krankheiten im Durchschnitt zu rund 13 Prozent für den Verlust an Biodiversität verantwortlich. Laut diesem Bericht ist weltweit gesehen 1 von 5 Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Die gegenwärtige Aussterberate von Pflanzen ist damit doppelt so hoch wie die von Säugetieren, Vögeln und Amphibien zugleich.
Die Kanadische Goldrute wurde abischtlich als Zier- und Nutzpflanze (Bienenweide) aus der Neuen Welt nach Europa eingeführt. Sie ist eine wuchskräftige Zierpflanze, die sich auf Trockenrasen- und Brachflächen stark ausbreitet. Goldruten-Arten können bis zu 19.000 Samen pro Stängel produzieren und auch über unterirdische Ausläufer kann sie große Flächen für sich beanspruchen. Zusätzlich bildet sie noch chemische Stoffe aus, die das Wachstum anderer Pflanzen beeinträchtigt. Dieser Effekt kann selbst noch dann anhalten, wenn die Goldruten entfernt wurden. Die Böden müssen sich erst erholen, bis sich wieder andere - heimische - Arten wiederansiedeln können.
Auch das Drüsige Springkraut wurde als Zierpflanze eingeführt. Sie kommt ursprünglich aus dem Himalaya-Gebiet. Es schleudert seine reifen Samen, die bis zu 6 Jahre keimfähig bleiben können, mehrere Meter weit und kann somit große Gebietsgewinne binnen kürzester Zeit erzielen.
Ebenfalls als Zierpflanze kam der Japanische Staudenknöterich nach Europa. Er vermehrt sich durch seine Ausläufer und kann bis zu 30 cm pro Tag an Höhe dazugewinnen. Seine tiefreichenden Wurzeln kann man nur sehr schwer bis gar nicht vollständig entfernen.
Den Götterbaum, der erstmals 1850 in Österreich erfasst wurde, erkennt man gut an seinen großen unpaarig gefiederten Blättern. Ein einzelner Baum kann bis zu 325.000 Samen pro Jahr produzieren. Darüber hinaus erfolgt auch eine vegetative Vermehrung durch Ausläufer.
Manche invasive Arten können auch direkte gesundheitsschädigende Wirkungen auf den Menschen haben. Der Riesen-Bärenklau kann auf der Haut schwerste Verbrennungen verursachen und das Ragweed ist stark allergen.
Es gibt unterschiedliche Schutzprogramme um die Ausbreitung invasiver Arten zu beschränken. Vor allem Naturschutzgebierte und Nationalparks sind hier sehr bemüht. Invasive Pflanzenarten zu erkennen ist ein erster wichtiger Schritt zum Schutz der heimischen Flora. Hat man invasive Pflanzen entdeckt, kann man sich informieren, ob und wie man handeln soll, um eine weitere invasive Ausbreitung zu verhindern. Gute Informationen dazu findet man z.B. auf der Neobiota-Homepage des Umweltbundesamtes.
Lust auf noch mehr Pflanzenwissen bekommen? Dann freue ich mich, wenn wir uns bei einem meiner nächsten Spaziergänge oder Workshops sehen.